Das Leistungsschutzrecht, das von der Verlagslobby vehement gefordert wird, bedroht in seiner derzeitigen Fassung die grundlegende Funktionsweise des Internets und insbesondere den Standort Deutschland, der damit ein Signal der Technikfeindlichkeit und der Rückwärtsgewandtheit senden würde.
Kostenlose Inhalte – oder besser doch nicht?
Zunächst einmal kann man die Sorgen der Verleger verstehen. Sie kämpfen noch immer damit, dass sie mit ihren teils aufwändig erstellten journalistischen Inhalten im Internet kaum Geld verdienen. Meist werden diese Inhalte kostenlos angeboten und finanzieren sich durch Werbeeinahmen. Doch das scheint nicht zu genügen. Bezahlmodelle wie das in der Slowakei entwickelte System Piano des Herstellers Planomedia konnten sich noch nicht flächendeckend durchsetzen.
Es gibt also folgenden Widerspruch: Einerseits möchten die Verleger möglichst viele Nutzer erreichen und stellen daher ihre Werke kostenlos zur Verfügung; andererseits legen sie Wert darauf, dass niemand anderes von diesen frei verfügbaren Werken profitiert, ohne dass sie am Erlös beteiligt werden. Zur Überbrückung dieses Gegensatzes soll das Leistungsschutzrecht als Erweiterung des Urheberrechts dienen. So weit so gut, doch das Problem steckt im Detail. Denn die Auslegung dieses Rechts soll so weit gehen, dass bereits die Anzeige von Snippets zu einer Kompensation des Urhebers führen soll. Das würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass Anbieter von Nachrichten-Übersichten, so genannte News-Aggregatoren, und insbesondere Suchmaschinenbetreiber zur Kasse gebeten würden.
Was gegen das Leistungsschutzrecht in seiner derzeitigen Fassung spricht
Dagegen spricht vor allem der Umstand, dass genau diese Aggregation, also die Sammlung von Inhalten und der Verweis auf diese Inhalte, zu den Grundprinzipien des Internets zählt. Suchmaschinen dienen als zentrale Anlaufstelle und Verteiler auf die einzelnen Seiten im Web. Würde man diesen Mechanismus durch die Einführung von Pflichtzahlungen stören, so wäre zumindest hierzulande das Internet an sich zu großen Teilen in Frage gestellt. Die Auswirkungen auf den Technologiestandort Deutschland wären fatal.
Als weiteres Gegenargument ist zu nennen, dass die Verleger selbst steuern können, ob für ihre Texte Snippets in Suchmaschinen angezeigt werden. Dies ist durch einfache Meta-Anweisungen in den entsprechenden Dokumenten zu deklarieren. Und zu guter Letzt profitieren die Verleger auch erheblich vom Traffic, den sie über die Suchmaschinen erhalten.
Innovation statt Festhalten an alten Praktiken
Ganz klar: Das Kopieren von Inhalten zu gewerblichen Zwecken darf nur mit Einwilligung und unter Kompensation des Urhebers erfolgen. Sofern die Gesetze dies in Zukunft noch besser gewährleisten, ist das zu begrüßen. Das Verlinken (ohnehin unstrittig) und das Generieren von Snippets, sofern nicht per Meta-Anweisung ausgeschlossen, dürfen davon jedoch nicht berührt sein. Die Verleger sollten sich eher darauf konzentrieren, für ihre wertvollen Inhalte geeignete Online-Vermarktungsmodelle zu entwickeln. Dass es Möglichkeiten gibt, zeigen neue Techniken wie elektronische Abos oder Apps für Tablets und Smartphones. Das Festhalten an Vergangenem ist dagegen keine Lösung und würde über kurz oder lang zum Ende vieler Verlage und – viel schlimmer – zu einem Imageverlust des Technologiestandortes Deutschland führen – mit entsprechenden negativen Folgen.
Von Christian Kunz+
{extravote 1}
{plusone}